Dr. med. Eva Borsche, Allgemeinmedizinerin, seit über 30 Jahren begeisterte Hausärztin in einer Kassenpraxis in Bad Kreuznach. „Hauptsächlich praktiziere ich klassisch homöopathische Einzelmitteltherapie“, sagt sie. Eva Borsche hat die Zusatzbezeichnungen Homöopathie, manuelle Medizin, Psychotherapie, Kur-und Badewesen und ist in der ärztlichen Weiterbildung aktiv.

Wie arbeiten Sie in Ihrer Praxis?

Der zentrale Punkt meiner ärztlichen Arbeit ist die Homöopathie und aus diesem Grund kommen die Patienten zu mir. Homöopathie ist die Methode, die mich jede Minute des Tages begeistert und belebt, sie ist herausfordernd und spannend und hat auch für längst aufgegebene Patienten immer wieder überraschende  Lösungen bereit. Sie verblüfft sowohl mich als auch die Patienten immer wieder mit neuen Möglichkeiten der Heilung.

Mit welchen Erkrankungen kommen die Patienten in Ihre Praxis?

Homöopathie ist eine Heilmethode für akute und chronische Erkrankungen, für Frühgeborene und Alte, für Krankheiten mit definierter Diagnose, aber auch für die vielen Befindlichkeitsstörungen die mit keiner ICD Ziffer abbildbar sind. Homöopathie trennt nicht Körper und Seele, sodass unsere modernen sozialpsychisch-psychosomatischen Leiden wie Burn-out, Essstörungen oder ADHS relativ zügig behandelt werden können.

Bitte schildern Sie uns kurz einen Fall

Eine 59-jährige Patientin kam vor acht Wochen zur Erstanamnese: sie litt unter therapieresistenten Asthmaanfällen, humpelte nach den Folgen eines Bandscheibenvorfalles, hatte Schluckstörungen, Nahrungsmittelunverträglichkeiten mit heftigem Erbrechen und einen hohen Beruhigungsmittelverbrauch durch massive Schlafstörungen. Nach 10 Minuten Anamnese, nachdem sie spontan erzählt hatte, und ich ein paar Fragen stellen wollte, war ihre Geduld verbraucht. Sie erklärte die Sitzung für beendet: Sie habe ja schon selber alle bekannten homöopathischen Arzneien eingenommen, die hatten alle nicht geholfen. Wir müssten uns also bezüglich Homöopathie nicht weiter aufhalten, sagte sie. Ich konnte sie dann doch noch überzeugen, wenigstens fünf Kügelchen Moschus C200 einzunehmen.

…wie ging es dann weiter?

Nun rief sie an und sprach von einem Wunder: sie schläft wie ein Murmeltier, ohne Medikamente! Kein Asthmaanfall mehr, kein Erbrechen, die Periode war wieder aufgetreten, sie fühlt sich leicht wie eine Feder, kein Druck auf der Brust, kein Druck im Kehlkopf, das Humpeln stört sie weniger, sie ist voller Tatendrang.

Wie reagieren Sie als Ärztin auf solch einen Verlauf?

Das bewegt mich tief. Dieses hehre Staunen vor einem Impuls, dem wir den Weg ebnen, die Tür öffnen, dieses dankbare Glück, das würde ich gerne auch anderen Kollegen ermöglichen. Daher bin ich seit 30 Jahren in der Weiterbildung aktiv.

Über die neue Weiterbildungsordnung wird im Frühjahr auch in Rheinland-Pfalz abgestimmt. Warum gehört die Homöopathie aus Ihrer Sicht unbedingt dazu?

Die Zusatzbezeichnung Homöopathie MUSS bleiben, denn sie ist ein Wegweiser für die Patienten zu Kollegen, die ihnen in ganzheitlichem wertschätzenden Interesse begegnen, die mit viel Zeit und universellem Wissen um Verständnis und Zugang zu dem „Krankmachenden“ in jedem einzelnen ringen. Das ist ein Kennzeichen der Heilmethode Homöopathie, keine Charaktereigenschaft des einzelnen Arztes, das ist lern und lehrbar, und der Patient schätzt es.

Wie arbeiten Sie mit Ihren Kolleginnen und Kollegen und diese mit Ihnen vor Ort zusammen?

Sehr wechselseitig! Als Hausärztin bin ich erleichtert, wenn ich zum Beispiel die Sorge um einen Patienten mit Verdacht auf Herzinfarkt an eine kardiologische Fachabteilung abgeben kann, ebenso kann der Facharzt oder hausärztliche Kollege erleichtert sein, wenn er etwa eine multimorbide, psychisch überlagerte Patientin, ein verhaltensauffälliges Kind, einen krätzekranken traumatisierten Flüchtling, einen nervösen Husten, eine verzweifelte Frau mit Kinderwunsch oder eine moribunde Patientin mit Angst vor dem Tod an uns verweisen kann. Austherapierte chronische Fälle, da fängt für uns homöopathische Ärzte die Arbeit erst an und wir können unseren Kollegen einiges abnehmen, ohne ihnen die Patienten zu entfremden.

Die konventionelle sollte aus Ihrer Sicht durch die homöopathische Medizin ergänzt werden, warum?

Die moderne Medizin bietet unglaubliche Möglichkeiten der spezifischen Heilung. In Studium und Facharztausbildung ist es kaum machbar, sich all diese Kenntnisse und Fertigkeiten anzueignen, die Großartiges im Patientenleben leisten können. Trotzdem erleben viele junge Kollegen nach der Niederlassung eine gewisse Hilflosigkeit: viele Gebrechen ihrer Patienten sind nur durch massiven Medikamenteneinsatz unter Inkaufnahme von sich addierenden „Nebenwirkungen“ zurückzudrängen, kaum wirklich heilbar. Die meisten Patienten in der Praxis leiden gleichzeitig an den verschiedensten Symptomen, von denen manche in kein Raster der Standardtherapie passen wollen. Kurzzeitige Verbesserungen sind leicht zu erzielen, doch bei rezidivierendem oder seelisch bedingtem Leiden zeigt sich Therapienotstand. Die jungen Kollegen begeben sich auf Lösungssuche. Und neben Akupunktur, Anthroposophischer Medizin oder Osteopathie bietet unsere Homöopathie ein ganzheitliches Gesundheitsverständnis. Die Homöopathie ist altbewährt. Sie baut in vielem auf traditionellen mitteleuropäischen Heilmethoden wie Hildegardmedizin, Paracelsuslehre oder Alchemie auf und fasst damit Jahrtausende altes Wissen unseres Kulturkreises zusammen. Sie hat eine eindeutige Struktur, bleibt aber spannend, immer wieder neu und entwickelt sich gerade in der Moderne rasant weiter – und so etwas soll kein Angebot sein?